Berufe & Branchen lebensnah und erfahrbar machen
Praxiskontakte sind für Schüler*innen u. a. ein wichtiges Element in ihrem Prozess der beruflichen Orientierung. Durch das Kennenlernen unbekannter Tätigkeitsbereiche in der Wirtschafts- und Arbeitswelt können sie ihre individuellen Interessen und Kompetenzen besser einschätzen. Diese Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen oder Institutionen lassen sich auf unterschiedliche Art und Weise gestalten, z. B. in Form von:
Betriebserkundungen
Berufserkundungen
Bewerbungstraining
u. v. m.
*Unternehmer*innen gestalten eine Schulstunde auf Basis ihres Fachgebietes in Abstimmung mit der Lehrkraft sowie unter Berücksichtigung der curricularen Rahmenbedingungen, z. B. zu Themen wie Ausbildung, Außenhandel, Globalisierung, Marketing, Personalpolitik, Rechtsformen, Steuern, Unternehmensgründungen oder Zielsetzungen von Unternehmen.
Vorteile von Praxiskontakten im Überblick
Vorteile für Schüler*innen
Einblicke in die Wirtschafts- und Arbeitswelt
Kooperatives, entdeckendes, selbstständiges und anwendungsbezogenes Lernen
Anwendung erlernter Inhalte auf reale Problemsituationen
Überprüfung neu erlernter Inhalte und Strukturen auf Generalisierbarkeit und Übertragbarkeit
Kontakt zu Ansprechpartner*innen von Ausbildungsbetrieben
Einbettung von Praxiskontakten in den Unterricht gemäß Erlasslage der Kerncurricula für die Fächer Wirtschaft, Politik/Wirtschaft, AWT etc.
Vorteile für Unternehmen und Institutionen
Pädagogisches Fenster zu Wirtschaft und Gesellschaft
Positiver Beitrag zur Ausbildungsfähigkeit von Schüler*innen
Kontakt zu potentiellen Auszubildenden
Vernetzung der Akteure Schule und Wirtschaft
Der wigy e. V. übernimmt die Kommunikation mit der Schule, organisiert und begleitet den Praxiskontakt
Qualitätskriterien
Praxiskontakte sind Teil schulischer Lehr-Lern-Prozesse und damit inhaltlich auf die Ziele des Unterrichts auszurichten. Sie dürfen nicht ausschließlich dazu genutzt werden, dass sich ein Unternehmen darstellt. Anzustreben ist vielmehr eine systematische Einbettung in das schulische Curriculum.
Als Ausgangspunkt im Planungsprozess sollte eine curricular eingeordnete zentrale Problemstellung dienen, von der ausgehend weitere fachliche und didaktische Entscheidungen getroffen werden können. Den Schülerinnen und Schülern ermöglicht eine solche problemorientierte Vorgehensweise ein selbst gesteuertes, eigenaktives und entdeckendes Lernen im Praxiskontakt. Für Lehrkräfte und Praxispartner kann die Problemstellung helfen, die inhaltliche Ausrichtung des Praxiskontaktes abzustimmen.
Außerschulische Realität ist nicht didaktisch vorstrukturiert, daher bedarf ein Praxiskontakt der gründlichen Vorbereitung. Inhaltlich impliziert dies zum einen, dass die Schülerinnen und Schüler im Vorhinein die notwendigen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten erworben haben, die für ein Gelingen des Praxiskontaktes unverzichtbar erscheinen. Zum anderen sind auf der Basis der zentralen Problemstellung Beobachtungs- und Befragungsschwerpunkte festzulegen und/oder Erkundungsunterlagen zu entwickeln. Aber auch organisatorisch gibt es im Vorhinein einiges zu klären (z. B. Termine, Rechts- und Versicherungsfragen, notwendige Genehmigungen, Arbeitsmittel, Fahrt- und Verpflegungskosten).
Die Interessenlagen von Schulen und Unternehmen sind offenzulegen und für die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung eines Praxiskontaktes zu berücksichtigen. Auf diese Weise kann sich der Praxispartner besser auf die Lerngruppe einstellen. Außerdem kann einer möglichen interessen-gesteuerten Beeinflussung von Kindern und Jugendlichen durch ein solchermaßen transparentes Vorgehen entgegengewirkt werden.
Praxiskontakte bieten die Chance Erkenntnis (Wirtschaftswissen) und Erfahrung (Wirtschaftspraxis) systematisch aufeinander zu beziehen. Die ‚Regie‘ und damit die unterrichtliche Verantwortung für den Lehr-Lern-Prozess hat die Lehrkraft. Praxiskontakte sollten nicht (!) so organisiert werden, dass die Unternehmer*innen die Lehrkraft ablöst. Vielmehr sollten die Aktivitäten von der Lehrperson und Praxispartner komplementär aufeinander bezogen werden.
Das konkrete Geschehen in einem Praxiskontakt ist durch die Lehrkraft nur bedingt zu steuern. Umso wichtiger ist es, die Inhalte eines Praxiskontaktes fachlich fundiert nachzuarbeiten und die Kernaspekte kritisch und kriteriengeleitet zu reflektieren.
Praxiskontakte sind immer nur ‚Momentaufnahmen‘ von Realität und können deshalb auch nur Teileinsichten vermitteln. Sie sind an eine spezifische Situation, an die Sichtweise des jeweiligen Praxispartners, an eine Branche, an die Wahrnehmungsmuster der Schülerinnen und Schüler etc. gekoppelt. Deshalb ist es erforderlich, dass die Einzelerfahrungen und subjektiven Beobachtungen der Schülerinnen und Schüler in der unterrichtlichen Nachbereitung auf ihre Verallgemeinerbarkeit geprüft werden. Das in Praxiskontakten Gelernte ist systematisch in übergeordnete Sach- und Sinnzusammenhänge einzubetten.
Fachlich gut ausgebildete Lehrkräfte sind der ‚Flaschenhals‘ für eine bildungswirksame Partnerschaft zwischen Schule und Wirtschaft. Wer selbst nur über wenig ökonomische und wirtschaftsdidaktische Kenntnisse verfügt, ist der wirtschaftlichen Kompetenz eines Praxispartners in gewisser Weise ausgeliefert und muss in hohem Maße Vertrauen schenken. Hier liegt ein grundlegendes Problem. Wer fachfremd unterrichtet oder im Rahmen des Studiums nur wenig ökonomische Anteile studiert hat, der kann Aussagen einer Expertin/eines Experten aus der Praxis weder fachlich einordnen noch kritisch reflektieren. Die Sicht einer Unternehmensvertreterin oder eines Verbandsvertreters ist aber in der Regel eher einzelwirtschaftlich und in gewissem Maße auch einseitig. Die Einbettung eines Praxiskontaktes in übergeordnete Sach- und Sinnzusammenhänge können nur solche Lehrkräfte leisten, die über hinreichende fachliche und fachdidaktische Kenntnisse verfügen.